"Did the hand thing scare you?" - Mia
Am 14. August, also in knapp 5 Wochen startet bei uns im Kino der von mir persönlich heiß erwarteste Film des Jahres (gemeinsam mit "The Long Walk"). Mit "Bring her Back" wird das Regie-Geschwisterpaar, Danny und Michael Pillippou, ihren zweiten Langfilm ins Kino bringen. Wenn meine -aber auch die allgemeine- Erwartungshaltung, nach bisher nur einem Film so enorm hoch ist, dann muss dieses Erstlingswerk etwas ganz besonderes sein. Und um diesen Film soll's heute gehen... Talk To Me!
Ich habe hier schon öfter betont, dass der moderne Horrorfilm oft an seiner eigenen Berechenbarkeit scheitert. Entweder sind es lieblos montierte Jumpscares oder groteske Gewaltspitzen, die weder Atmosphäre noch echten Schrecken erzeugen. Und dann kommt ein Film wie Talk to Me daher und zeigt eindrucksvoll, dass dieses Genre immer noch in der Lage ist, uns zu überraschen – und vor allem: zu verstören.
Bereits die Prämisse klingt angenehm frisch: Eine Gruppe Jugendlicher entdeckt eine mysteriöse, mumifizierte Hand, mit der sie angeblich Geister herbeirufen und „Besessenheit“ erleben können. Was erst wie eine Mutprobe wirkt, entwickelt sich schnell zu einem psychologischen Albtraum, der nicht nur den Protagonisten, sondern auch uns Zuschauer an die Grenzen bringt. Denn Talk to Me erzählt nicht von Monstern, die aus Schränken springen, sondern von den tiefen Rissen in der Psyche – von Trauer, Verlust, Gruppenzwang und dem schmalen Grat zwischen Spaß und Wahnsinn.
Die Fakten: Erscheinungsjahr: 2022, Genre: Horror / Psychothriller, Laufzeit: 95 Minuten FSK: 16
Die Story: Mia (gespielt von einer herausragenden Sophie Wilde) trauert immer noch um den Tod ihrer Mutter. Als sie von Freunden zu einer Party eingeladen wird, erlebt sie mit, wie jemand mit einer seltsamen Hand in Kontakt mit Geistern tritt. Neugierig und verunsichert zugleich wagt auch sie das „Spiel“ – und schon bald verschwimmen für Mia die Grenzen zwischen Realität und Geisterwelt. Die Sessions werden exzessiver, gefährlicher, und bald geht es nicht mehr nur um Mutproben, sondern ums nackte Überleben.
Was Talk to Me so besonders macht, ist seine kompromisslose Stimmung. Hier gibt es keine Holzhammer-Erklärungen, keine nervigen Figuren, die man ohnehin nur auf den Tod wartet, sondern eine glaubwürdige Clique mit echten Problemen, die in etwas hineinschlittert, das größer ist als sie selbst. Und: Der Film sieht fantastisch aus. Die Kameraführung ist nüchtern und gleichzeitig elegant, die Soundkulisse wummert und schneidet sich tief ins Nervenkostüm.
Besonders beeindruckend sind die Szenen, in denen die Jugendlichen „die Hand“ nutzen. Die Übergänge, wenn die Besessenen in die Geisterwelt kippen, sind verstörend, aber nicht effekthascherisch. Der Horror hier kommt nicht nur von außen, sondern vor allem von innen. Es ist diese kalte, schleichende Erkenntnis, dass hier etwas zerbricht – in Mia, in ihrer Umwelt, in uns.
„Talk to Me“ reiht sich für mich ein in die Reihe moderner, smarter Horrorfilme wie Hereditary oder Der Babadook, die zeigen, dass man keine Kettensägen und Blutfontänen braucht, um nachhaltig Angst zu erzeugen. Es ist ein Film über den Schmerz, den wir verdrängen, und die Dämonen, die wir herbeibeschwören, wenn wir versuchen, ihn zu betäuben.
Ein düsterer, kluger und äußerst unbequemer Film. Kein Party-Horror für einen lauen Samstagabend, sondern eine beklemmende Reise in die Abgründe der Seele. Mit einem grandiosen Ende!
Herzlichst Sebastian