Under The Skin

Geschrieben am 19.03.2025
von Sebastian

"Es gibt keinen Ort der Ruhe in einer Welt, die vollkommen fremd geworden ist."


Nach der gestrigen Filmwarnung zu The Electric State, ist es heute an der Zeit wieder einen sehr außergewöhnlichen und besonderen Film zu empfehlen. Doch leider wird auch Under The Skin nicht jedem gefallen, und das ist auch gut so.

Es gibt Filme, die sich einem gängigen Genre unterordnen, und dann gibt es Under the Skin – ein Film, der sich jeglicher Konvention widersetzt und stattdessen wie ein fremdartiges Wesen auf die Leinwand schleicht. Jonathan Glazers surrealer Sci-Fi-Horror-Film mit Scarlett Johansson in der Hauptrolle ist eine verstörende, faszinierende und zutiefst unkonventionelle Erfahrung.

 

Die Fakten: Erscheinungsdatum: 2013 Genre: Si-Fi Horror / Thriller (und noch viel mehr) Laufzeit: 108 min FSK: 16

Die Story: Die Handlung von Under the Skin lässt sich eigentlich in einem Satz zusammenfassen: Eine geheimnisvolle Frau  streift durch Schottland, verführt Männer und führt sie ihrem düsteren Schicksal zu.

 

Doch was sich nach einem klassischen Thriller oder Horrorfilm anhört, ist in Wirklichkeit eine meditative Reise in die Abgründe menschlicher Existenz – oder besser gesagt, in den Blickwinkel eines Wesens, das diese Existenz nicht versteht.

In der Hauptrolle sehen wir Scarlett Johansson und Ihre Figur ist kein Mensch. Sie ist eine außerirdische Entität, die Männer in eine schwarze, albtraumhafte Substanz lockt, in der sie in völliger Stille versinken, bis von ihnen nichts mehr übrig bleibt. Warum das geschieht? Der Film gibt keine klaren Antworten. Und genau das macht ihn so einzigartig.

Jonathan Glazer inszeniert seinen Film wie ein düsteres Märchen. Die Kamera folgt der Protagonistin oft in dokumentarischer Manier, während sie durch triste Einkaufszentren oder neblige Landschaften fährt. Ein großer Teil der Szenen wurde mit versteckten Kameras gedreht – echte Menschen, echte Reaktionen. Johansson interagierte mit ahnungslosen Passanten, die keine Ahnung hatten, dass sie Teil eines Films sind. Das verleiht der Geschichte eine unheimliche Echtheit und macht die außerirdische Perspektive umso glaubwürdiger.

Visuell ist der Film eine Mischung aus kalter, britischer Tristesse und hypnotischen, abstrakten Bildern. Besonders die Szenen, in denen die Männer in der schwarzen Flüssigkeit verschwinden, wirken wie aus einem Albtraum von David Lynch oder einem Kunstfilm von Stanley Kubrick entlehnt.

Und dann wäre da noch die Musik – eine Mischung aus verzerrten Streichern und fremdartigen Geräuschen, die sich tief in die Nerven bohrt. Sie verstärkt das Gefühl der Entfremdung, das der Film ohnehin schon meisterhaft erzeugt.

Scarlett Johansson ist der Dreh- und Angelpunkt dieses Films. Ihre Rolle ist fast wortlos, ihre Mimik oft leer oder von einer seltsamen Neugier geprägt. Anfangs ist sie eine perfekt funktionierende Jägerin – kühl, verführerisch, berechnend. Doch nach und nach beginnt sie, die menschliche Welt nicht nur zu beobachten, sondern auch zu fühlen. Ein Wendepunkt ist eine Szene mit einem entstellten Mann, den sie nicht tötet, sondern laufen lässt. Von da an beginnt ihr schleichender Zerfall. Johansson spielt diese Veränderung mit beeindruckender Subtilität. Man merkt, wie das Wesen in ihr sich langsam verliert – fasziniert vom Menschsein, aber nie wirklich Teil davon.

Ein Film, der sich nicht anpasst: Viele Zuschauer werden Under the Skin als frustrierend empfinden. Der Film erklärt nichts, er bietet keinen klaren Plot, keine wirklichen Dialoge, keine herkömmliche Spannungskurve. Wer auf eine Sci-Fi-Story à la Species oder The Man Who Fell to Earth hofft, wird enttäuscht sein. Diese Punkte sind ja eigentlich klar negativ, aber hier nicht. Hier ist alles genau wie es sein muss, damit der Film so wirken kann.

Für diejenigen, die sich darauf einlassen, ist Under the Skin eine transzendente Erfahrung. Er ist weniger ein Film, als eine Art cineastisches Gedicht – eine Meditation über Menschlichkeit, Identität und das Unbekannte.

Under the Skin ist ein Film, der sich dem Publikum nicht anbiedert. Er verlangt Geduld, Interpretationsfreude und eine gewisse Lust am Unbehagen. Wer sich jedoch darauf einlässt, wird mit einem hypnotischen, beunruhigenden und einzigartigen Kinoerlebnis belohnt. Ein Film, den man nicht einfach schaut, sondern spürt. Ich kann aber auch jeden verstehen, der nach dem Abspann sagt: "dann doch lieber "The Electric State" ;)

Ich finde Under The Skin grandios und verstörend schön. 

Herzlichst Sebastian