Der Niedergang des Kinos - Wenn die Magie auf der Leinwand verblasst

Geschrieben am 17.02.2025
von Sebastian


Heute habe ich mal keine Review für euch, stattdessen möchte ich ein paar Gedanken teilen, selbstverständlich ohne Anspruch auf Richtigkeit aber durchaus als Denkanstoß gedacht! Viel Spaß damit, eventuell...

Erinnerungen an eine (fast) verlorene Welt

Ich erinnere mich noch sehr genau an meinen ersten Kinobesuch. Ich meine hier meinen ersten Besuch "alleine" ohne Eltern und ohne Kinderfilm! Es war das Jahr 1994, ich war 10 Jahre alt und der erste "Erwachsenenfilm" meines Lebens war nichts geringeres als Jurassic Park! Die Aufregung, als das Licht erlosch und sich der Vorhang öffnete. Damals gab es in Beckum noch ein Kino und es hatte tatsächlich diesen uminösen Vorhang. Was haben wir es abgefeiert als der T-Rex das Toilettenhäuschen inkl. Mensch verspeist, was habe ich mitgefiebert als die Raptoren in der Küche umherschleichen. Es war mehr als nur ein Film – es war ein Erlebnis, das mich vollkommen gefangen nahm. In diesem Moment verstand ich, warum Kino so besonders ist: Es ist eine Reise, die man gemeinsam antritt, in Welten voller Emotionen, Geschichten und bildgewaltiger Momente. Später kamen weitere Welten hinzu. Grusel, Ekel, Gewalt und Abscheu... Was gibt es schöneres?

Heute fühlt sich dieses Erlebnis fast wie eine vergangene Epoche an. Die Kinosäle sind leerer, die Magie schwächer. Statt gemeinsam im Dunkeln zu lachen, den Atem anzuhalten oder sich zu ängstigen und gruseln. Sitzen wir auf unseren Sofas, allein vor Bildschirmen (manchmal vorm 6 Zoll Handydisplay), während der nächste Streaming-Film automatisch startet.

Streaming-Dienste wie Netflix, Prime Video und Disney+ haben das Kino nicht nur herausgefordert, sondern es an den Rand des Abgrunds gedrängt. Und während wir uns in den scheinbar endlosen Katalogen dieser Plattformen verlieren, verlieren wir gleichzeitig etwas, das viel wertvoller ist: die Qualität, die Tiefe und das Gefühl von echtem Kino.

Die Bequemlichkeit hat gesiegtaber zu welchem Preis?

Natürlich verstehe ich den Reiz von Streaming-Diensten. Selbstverständlich nutze ich auch alle erdenklichen Anbieter. Nach einem langen Tag ist es einfach, auf die Couch zu sinken, den Fernseher anzuschalten und mit ein paar Klicks einen neuen Film oder eine Serie auszuwählen. Keine Anfahrt, kein Warten, keine teuren Tickets. Doch genau diese Bequemlichkeit hat uns träge gemacht. Wir konsumieren Inhalte wie Fast Food: schnell, nebenbei, ohne echten Genuss.

Und was bekommen wir für diesen schnellen Konsum? Inhalte, die oft wirken, als wären sie mit einer Schablone produziert. Ein austauschbares Drehbuch hier, vorhersehbare Charaktere da. Serien werden auf mehrere Staffeln gestreckt, nur um Abonnenten zu binden, während Filme wie „Original Netflix Productions“ häufig so wirken, als wären sie in einem kreativen Fließband entstanden. Die Geschichten sind flach, die Dialoge hölzern, die Effekte billig. Es geht nicht darum, Kunst zu schaffen, sondern Algorithmen zufriedenzustellen, die uns nach zwei Minuten sagen: „Das könnte Ihnen auch gefallen.“

Ich versuche trotz Streaming die Filme die ich mir anschaue, bewusst und konzentriert zu schauen. Allerdings ist soviel Müll innerhalb dieser riesen Auswahl, das ich gestehen muss, dass es mir auch nicht immer leicht fällt.

Die verlorene Kunst des Geschichtenerzählens

Filme waren einmal Kunst. Kino bedeutete, sich Zeit zu nehmen, um eine Geschichte zu erzählen – mit Nuancen, Tiefe und Bildern, die im Kopf nachhallten. Heute wird diese Kunst immer seltener. Streaming-Dienste orientieren sich an Klickzahlen und Trends. Action, die schnell eskaliert, Dialoge, die nicht überfordern, und Schnitte, die sich am Tempo von TikTok orientieren.

Ja, TikTok. Die Plattform, die für Millionen junger Menschen die neue Unterhaltungsnorm darstellt. 15 Sekunden Videos, schnelle Schnitte, grelle Effekte, und immer wieder der gleiche Soundtrack, der zum „Trend“ wird. Es ist die Generation TikTok, die heute Filme bewertet, ohne sie wirklich anzusehen. „Zu lang“, „zu langsam“, „zu kompliziert“ – das sind die Urteile, die man immer häufiger hört. Doch große Geschichten brauchen Zeit, um zu wirken. Emotionen brauchen Raum, um sich zu entfalten. Und genau das fehlt in der Welt des Streamings, weil geglaubt wird das Publikum wolle es so. In Wahrheit hat das Junge Tik Tok Publikum es nie anders kennengelernt und gelernt.

Es wäre jedoch zu einfach und zu kurz gedacht, ausschließlich die aktuelle Streaming Welt dafür verantwortlich zu machen. Sie sind wahrscheinlich der Auslöser aber auch die ehemalige Traumfabrik Hollywood und deren Studios machen munter mit. Schauen wir doch einmal auf die erfolgreichsten Filme des Jahres 2024: Alles steht Kopf 2, Ich einfach unverbesserlich 4, Vaiana 2, irgendein Marvel Teil 623, Venom 4. Prequel, Sequels und Franchises. In den gesamten Top 10 befindet sich kein einziges Originaldrehbuch mehr. Die Studios riskieren nichts mehr, im Prinzip arbeitet auch hier ein Algorithmus. Nur noch das was halbwegs sicher funktioniert und bereits bekannt oder erprobt ist bekommt das Greenlight.

Aber auch wir, das Publikum, ist nicht unbeteiligt. Wenn es diese selten Ausnahmen gibt. Neue Stoffe, Risiken unbekannte Titel. Es wird nicht honoriert und trägt nur selten einen Erfolg davon. Klar, nur weil ein Film eigenständig neu und unverbraucht ist, ist er noch lange nicht gut. Viele sind es nicht, aber es gibt sie immer noch. "Longlegs", "The Substance" und zum Beispiel "Anatomie eines Falls" haben in der jüngeren Vergangenheit gezeigt, das es sie noch gibt diese guten, spannenden, durchdachten und hochwertig produzierten Filme die kein "Teil 3 - 11" im Titel tragen. Kommerziell erfolgreich waren sie trotzdem nicht!

Der Verlust des Gemeinschaftserlebnisses

Was mich am meisten schmerzt, ist der Verlust des Gemeinschaftsgefühls. Kino war nie nur der Film – es war das Erlebnis, es mit anderen zu teilen. Die gespannte Stille in einem vollen Saal, wenn die Heldenfigur vor einer entscheidenden Szene innehält. Das kollektive Auflachen, wenn eine gelungene Pointe alle erreicht. Dieses Gefühl, Teil von etwas Größerem zu sein, kann kein Wohnzimmer ersetzen.

Streaming ist dagegen ein einsames Vergnügen. Wir schauen Serien allein auf dem Handy, oft nebenbei beim Scrollen durch Social Media. Die Aufmerksamkeitsspanne schrumpft, der Wert einer Geschichte schwindet. Filme werden zu Content degradiert – austauschbar, kurzlebig, schnell vergessen. Gerne auch Second Screen!

Hoffnung für die Zukunft?

Trotzdem glaube ich, dass das Kino nicht völlig verloren ist. Es gibt sie noch, diese Momente, in denen Filme wie „Oppenheimer“ oder „Dune“ die Massen in die Säle locken. Dann spürt man: Die Sehnsucht nach dem echten Erlebnis ist noch da. Doch das Kino muss sich neu erfinden. Es muss sich abgrenzen vom Streaming, wieder zu einem Event werden, das man nicht verpassen will. Filme müssen wieder überraschen.

Es an der Zeit, Filme wieder bewusster zu konsumieren. Nicht auf dem Sofa mit dem Handy in der Hand, sondern im dunklen Saal, mit offenem Herzen für die Geschichte. Vielleicht müssen wir uns selbst wieder daran erinnern, was wir verloren haben – bevor es endgültig zu spät ist.

Denn Filme sind nicht nur Inhalte. Sie sind Kunst, Emotion und gemeinsame Erlebnisse. Und genau das macht das Kino unersetzlich.

Herzlichst Sebastian