“I now know what evil lurks where even the light is afraid to shine.”.
Wow, Respekt! Das hier geht wirklich nach vorne!
Ich habe von When Evil Lurks bereits vor relativ langer Zeit gehört, aber es hat sich als recht kompliziert herausgestellt, den Film tatsächlich sehen zu können. Ich kannte also die Grundprämisse und habe aufgrund dieser einen guten, aber doch konventionellen Gruselfilm erwartet. Hätte ich mich mal besser, besser informiert.
Das Wort konventionell können wir komplett vergessen. Ja, eine dämonische Entität breitet sich in einem abgelegenen Dorf in einem abgelegenen Teil dieser Erde aus – kennt man. Alles schon tausendmal gesehen. Aber was der argentinische Regisseur Demián Rugna daraus macht, ist mehr als beachtlich. Ich glaube, wir sind uns einig, dass eine Besessenen-Story per se aus dem Fantastischen kommen muss. Rugna inszeniert dies allerdings so dermaßen realistisch und kompromisslos, dass man wirklich den Hut ziehen muss.
Das Böse ist hier keine unsichtbare Bedrohung, kein Jump-Scare-Lieferant, der den Zuschauer erschrickt. Es ist eine physische, ekelhafte, aber auch mysteriöse Macht, die wortwörtlich für pure Verzweiflung sorgt. Dies wiederum haben wir in dieser Konsequenz bisher selten gesehen – ein Evil Dead ohne jeglichen Spaßfaktor.
Die Fakten: Erscheinungsdatum: 2023 (2025 in D), Laufzeit: 100 min, Genre: Horror, FSK: 18
Die Story: In einem abgelegenen Dorf irgendwo in Argentinien entdecken zwei Brüder einen fast explodierenden, eitrigen Körper – das Opfer einer dämonischen Besessenheit. Beim Versuch, der Sache irgendwie Herr zu werden, setzen sie eine Kettenreaktion in Gang, die nicht mehr aufgehalten werden kann.
Schon die ersten Minuten machen klar: Das hier ist etwas Außergewöhnliches. Es wird sofort eine dauerhafte, unerträgliche und allgegenwärtige Bedrohung etabliert. Die Umgebung aus kargen Landschaften, erdige Farben und eine bedrohliche Soundkulisse – erzeugt eine permanente Anspannung. Das ist schon stark. Und dann zeigt uns Rugna, welchen Ton er in den nächsten 100 Minuten anschlagen wird. Ich sag mal so: Hier wird sich beim geneigten Publikum schnell die Spreu vom Weizen trennen.
Hier gibt es keine Gnade. When Evil Lurks ist extrem brutal. Keine Comic Relief Brutalität, keine Überzeichnung. Einfach nur hart. Tierquälerei, tote Kinder und vor allem das permanent präsente Gefühl von absoluter Hilflosigkeit. Wir gehen hier tatsächlich an die cineastischen Grenzen. Das Gesamtpaket und die Unvorhersehbarkeit machen den Film besonders – und regelrecht verstörend. Großartig!
Ganz nebenbei schafft der Film eine eigene Dämonologie. Die Besessenen sind hier keine schreienden, meist lateinisch sprechenden Opfer. Es sind kraftvolle, degenerierende Wesen, die in ihrem Verfall eine unaufhaltsame Gefahr darstellen. Das Böse folgt seinen eigenen Regeln, und diese Regeln erklärt uns der Film auch gar nicht vollständig. Das Mysterium bleibt mystisch und wird nicht, wie so oft, dekonstruiert. Diese Art, den Film zu schreiben, sorgt wirklich für eine intensive und immersive filmische Erfahrung.
Schauspielerisch passt hier alles gut zusammen. Wahrscheinlich kann man nüchtern betrachtet bei der ein oder anderen Performance von Overacting sprechen. Aber diese raue, authentische und auch realistische Darstellung passt perfekt. Hier gibt es keine Heldenfiguren oder klischeehaften Final Girls – alles ist dem Grundton angepasst und untergeordnet. Rugna lässt sich auf nichts ein, was nicht unbedingt sein muss. So muss das sein!
Das Wort Kompromiss habe ich im Text bereits verwendet. Ja, und das ist bezogen auf die Gewalt auch definitiv richtig. Allerdings ist die größte und außergewöhnlichste Kompromisslosigkeit hier dieser absolut pessimistische Ton. Es gibt kein Entkommen. Punkt. Die Akteure kämpfen hier nicht um einen Sieg oder darum, dass alles wieder irgendwie halbwegs gut wird, sondern darum, einige Sekunden länger zu überleben. Der konventionelle, klassische Horror-Dämonenfilm bietet in der Regel einen Hoffnungsschimmer oder eine Fluchtmöglichkeit – hier nicht!
Fassen wir zusammen: brutal, pessimistisch, hoffnungslos, dreckig, intensiv und schonungslos! Ich wünsche euch damit eine wunderschöne Zeit. Ich hatte sie.
Herzlichst, Sebastian