"You drive a woman crazy. You little slut."
In den frühen 2000ern erlebte der französische Horrorfilm eine Art Renaissance. Während Hollywood mit Remakes und Teenie-Slashern jonglierte, wagten sich französische Filmemacher an brutale, kompromisslose und extrem atmosphärische Schocker. Filme wie Martyrs (2008), Inside (2007) oder Frontier(s) (2007) bewiesen, dass der französische Horrorfilm kein Blatt vor den Mund nimmt – und genau in diese Richtung schlug auch High Tension von Alexandre Aja.
Mit einer intensiven Mischung aus Hochspannung, schonungsloser Gewalt und einem der umstrittensten Twists der Horrorfilmgeschichte setzte der Film ein Ausrufezeichen für das sogenannte New French Extremity-Genre.
Die Fakten: Erscheinungsjahr: 2003 Genre: Horror, Laufzeit: knackige 85 min, FSK: definitiv ab 18
Die Story: Die Geschichte beginnt mit zwei besten Freundinnen, Marie und Alex, die für ein entspanntes Wochenende aufs Land fahren, um Alex' Familie zu besuchen. Doch die Idylle wird abrupt zerstört, als ein brutaler Fremder mitten in der Nacht ins Haus einbricht und mit gnadenloser Härte Alex' Familie abschlachtet. Marie schafft es, unentdeckt zu bleiben, und wird zur heimlichen Zeugin des Grauens. Als der Killer Alex entführt, nimmt Marie die Verfolgung auf, fest entschlossen, ihre Freundin zu retten.
Was zunächst wie ein klassischer Slasher à la Texas Chainsaw Massacre oder Halloween wirkt, entwickelt sich schnell zu einem packenden Katz-und-Maus-Spiel, das mit intensiver Spannung und verstörender Gewalt punktet. Doch dann kommt das letzte Drittel...
Atmosphärische Intensität & Hochspannung, der Titel ist Programm: High Tension lebt von seiner gnadenlosen Anspannung. Schon in den ersten Minuten baut Aja eine unheilvolle, beklemmende Atmosphäre auf, die sich bis zum Finale immer weiter steigert. Es gibt kaum Verschnaufpausen, die Kamera bleibt oft nah an den Figuren und lässt den Zuschauer das Grauen fast körperlich spüren.
Wer zartbesaitet ist, sollte einen großen Bogen um diesen Film machen. Die Morde sind roh, brutal und schmerzhaft realistisch inszeniert. Besonders eine Szene mit einer Schranktür und einer Axt dürfte selbst hartgesottene Horror-Fans schockieren. Aja verzichtet auf stilisierte Splattereffekte und setzt stattdessen auf rohe, fast dokumentarisch wirkende Gewalt – was den Film umso unangenehmer macht. Wirklich gute handgemachte Effekte und eine super Maske, dass ist richtig gut gemacht und macht "Spaß" beim zuschauen.
Der dröhnende, verstörende Soundtrack trägt entscheidend zur Atmosphäre bei. Jedes Knarzen, jeder Atemzug und jede entfernte Sirene verstärkt die permanente Bedrohung. Gleichzeitig sorgt die Kameraarbeit für eine intensive Immersion. Lange Tracking-Shots und enge Einstellungen vermitteln ein beklemmendes Gefühl der Nähe – als wäre man selbst in diesem Albtraum gefangen.
Und dann kommt er – der große Twist. Ohne zu spoilern: Die finale Enthüllung stellt alles, was man bis dahin gesehen hat, in Frage. Manche feiern den mutigen Perspektivwechsel, andere werfen dem Film vor, sich in eine unlogische Sackgasse zu manövrieren. Fakt ist: Dieser Twist sorgt bis heute für hitzige Diskussionen. Meiner Meinung nach, darf man tatsächlich nicht versuchen das ganze irgendwie logisch zu erklären aber die Überraschung ist definitiv da und hebt den Film nochmals von vielen Genrevertretern ab.
High Tension ist kein Film für jedermann. Er ist intensiv, brutal und psychologisch verstörend. Alexandre Aja liefert ein kompromissloses Werk ab, das sich vor den ganz großen Horror-Klassikern nicht verstecken muss. Auch wenn das Finale kontrovers ist, bleibt der Film ein Meilenstein des modernen Horrors – ein finsteres, gnadenloses Brett, das man nicht so schnell vergisst. Wer sich auf die düstere, schmerzhafte Welt des New French Extremity-Kinos einlassen will, sollte High Tension unbedingt erleben.
Herzlichst Sebastian