"Schatz, ich brauche etwas Abstand." - Millie
Ich weiß nicht, was gerade mit dem Horrorfilm los ist – aber 2025 ist ein verdammt gutes Jahr für’s Grauen. „Weapons“, „Bring Her Back“ und jetzt auch „Together“ – drei völlig unterschiedliche Filme, und doch alle mit diesem Gefühl, dass das Genre gerade wieder richtig mutig wird.
Während Weapons das Thema Identität mit einem visuellen Vorschlaghammer angeht und Bring Her Back uns durch reine Emotion zermürbt, ist Together das, was passiert, wenn man Horror, Körper und Liebe in denselben Mixer wirft – und einfach mal den Deckel nicht draufmacht.
Ich hatte ehrlich gesagt keine Ahnung, was mich erwartet. Der Trailer war rätselhaft, das Marketing bewusst vage, und der Titel – Together – klang fast ironisch. Aber was dann im Kino passiert ist, war… ja, schwer zu beschreiben. Der Film beginnt wie ein Beziehungsdrama, fast romantisch, und endet in einem Albtraum aus Fleisch, Verschmelzung und psychischer Auflösung. Und ich meine das im besten Sinne.
Die Fakten: Erscheinungsjahr: 2025, Genre: Body-Horror / Drama, Laufzeit: 103 min, FSK 16
Die Story: Der Plot klingt auf dem Papier simpel: Ein junges Paar zieht sich nach einem Schicksalsschlag in ein abgelegenes Haus zurück, um „wieder zueinanderzufinden“. Aber das, was da draußen in der Einsamkeit passiert, ist alles andere als eine klassische Versöhnung.
Regisseur Michael Shanks nimmt diese Ausgangssituation und verwandelt sie in ein groteskes, faszinierendes Kammerspiel über Nähe, Abhängigkeit und den Horror, eins zu werden – buchstäblich.
Die beiden Hauptdarsteller (Alison Brie und Dave Franco – und ja, beide sind grandios) tragen den gesamten Film praktisch allein. Ihre Chemie ist intensiv, roh und unangenehm echt. Es gibt Szenen, in denen sie sich gegenseitig anschreien, in anderen wiederum liegt eine Zärtlichkeit in der Luft, die fast schon wehtut. Und dann kippt das Ganze. Langsam, leise, unaufhaltsam.
Was als psychologischer Konflikt beginnt, wird zu etwas Körperlichem. Haut verschmilzt, Körper verformen sich, Grenzen verschwimmen. Together spielt mit der Idee, dass Liebe, Verlust und Selbstaufgabe irgendwann ununterscheidbar werden. Dass wir uns, wenn wir jemanden wirklich lieben, vielleicht auch ein Stück selbst verlieren – oder schlimmer: ganz.
Klingt übertrieben? Ist es auch. Aber genau das macht den Film so stark. Er übertreibt, aber mit Bedeutung. Hier wird Körperhorror nicht als Schock benutzt, sondern als Metapher für emotionale Abhängigkeit. Wenn zwei Menschen sich zu nah kommen, verschwindet irgendwann das „Ich“ – und Together nimmt diesen Gedanken wörtlich.
Was die Inszenierung angeht, ist das alles unglaublich präzise. Kamera, Sound, Licht – alles wirkt greifbar, klebrig, fast körperlich. Man spürt, wie der Film dich in sich hineinzieht. Die Körperlichkeit ist spürbar, aber nie selbstzweckhaft. Es gibt Szenen, die eklig sind, ja – aber sie fühlen sich verdient an, weil sie etwas ausdrücken: Schmerz, Verlust, Identität.
Was mich am meisten beeindruckt hat, war, wie emotional Together bleibt, selbst wenn er völlig abdreht. Das Finale – ohne zu spoilern – ist sowohl abstoßend als auch traurig. Es hat fast etwas Romantisches, auf eine kranke, perverse, aber ehrliche Weise. Da steht man dann da, nach über 100 Minuten, und denkt: „Das war ekelhaft. Und wunderschön.“
Together ist kein Film für jeden. Manche werden ihn hassen, andere werden ihn lieben – aber egal, wie man ihn empfindet, gleichgültig lässt er niemanden. Das ist selten geworden.
Er hat mich an die großen Wagnisse der „New French Extremity“-Zeit erinnert – Filme wie Trouble Every Day oder Titane, die sich nicht zwischen Kunst und Wahnsinn entscheiden wollten, weil sie wussten: Wahres Kino liegt irgendwo dazwischen.
Und genau da gehört Together hin.
Ein Film, der dich gleichzeitig anzieht und abstößt, der Liebe zeigt, wie man sie selten sieht – roh, gefährlich, absolut.
Ich hab’s schon bei Weapons gesagt, und ich sag’s wieder: 2025 ist ein Ausnahmejahr für Horror. Aber Together steht nochmal für sich. Er ist seltsam, verstörend, emotional, wunderschön. Und ja – ganz sicher nichts, was man beim Dateabend schauen sollte.
Herzlichst, Sebastian