Gonjiam: Haunted Asylum

Geschrieben am 16.07.2025
von Sebastian

"Ich glaube nicht an Geister, aber ich glaube an Geld."


Found-Footage-Filme und ich – das ist eine schwierige Beziehung. Ich mag dieses Genre tatsächlich nicht wirklich. Zu oft fühlt sich das an wie ein fauler Trick: Wackelige Kamera, schreiende Leute, ein paar Türen, die zufallen, und am Ende bleibt nur die Hoffnung zurück, der Zuschauer wird es schon gruselig finden. Die meisten Vertreter dieser Gattung wirken improvisiert, unpräzise und schlicht billig. Aber dann kommt ein Film wie Gonjiam: Haunted Asylum – und zeigt, dass es auch ganz anders geht. Dass Found Footage, richtig eingesetzt, sogar eine der wirkungsvollsten Formen des Horrors sein kann.

Denn Gonjiam macht alles richtig, was viele andere falsch machen. Schon das Setting ist brillant gewählt: Die titelgebende Psychiatrie, ein verlassener, real existierender Ort in Südkorea, der schon ohne Kameras eine düstere Legende ist. Hier spielt der Film mit den Mythen, die sich um solche Orte ranken, und setzt seine Figuren – eine Gruppe von Youtubern, die mit einem Livestream möglichst viele Klicks sammeln wollen – als moderne Geisterjäger ein. Schon der Ansatz ist clever, weil er unsere eigene Sensationsgier spiegelt: Je gruseliger die Bilder, desto mehr Zuschauer, desto mehr Likes.

Die Fakten: Erscheinungsjahr: 2018, Genre: Horror / Found Footage, Laufzeit: 94 Minuten, FSK: 16

 

Die Story: Eine Handvoll junger Menschen betritt die verlassene Psychiatrie von Gonjiam, um live vor ihrem Publikum zu beweisen, dass es dort wirklich spukt. Zunächst ist alles Show: sie hängen Puppen auf, verstecken Geräusche und planen harmlose Schocks für ihre Zuschauer. Aber je länger sie bleiben, desto weniger scheint inszeniert. Türen knallen zu, Schatten bewegen sich hinter ihnen, kalte Luft zieht durch die Räume, während ihre eigene Inszenierung ihnen immer weiter entgleitet. 

 

Was diesen Film so stark macht, ist vor allem seine Geduld. Statt sofort mit Schocks um sich zu werfen, nimmt sich Gonjiam Zeit, seine bedrückende Atmosphäre aufzubauen. Der erste Rundgang durch die Gänge der Psychiatrie ist nahezu dokumentarisch: wir sehen Schimmel an den Wänden, alte Krankenhausbetten mit zerrissenen Laken, verrostete Rollstühle, die in dunklen Ecken stehen. Besonders eine Szene bleibt im Kopf: Als eine der Frauen sich durch einen engen Schacht zwängt und plötzlich eine Hand von oben in den Bildausschnitt greift – still, ohne Musik, nur dieser kalte, leise Moment.

Die Kameraarbeit hier ist – trotz Found-Footage-Stil – bemerkenswert präzise. Jede Perspektive hat ihren Sinn, die Bilder wirken nie willkürlich. Ein besonders eindrucksvoller Moment: Als zwei der Protagonisten in einem „verbotenen“ Zimmer filmen, dessen Tür sich vorher nicht öffnen ließ. Plötzlich sehen sie auf dem Monitor etwas, das im Raum selbst nicht zu sehen ist. Es ist eine wunderbar schaurige Szene, die zeigt, wie geschickt hier mit Erwartung und Wahrnehmung gespielt wird.

Was man ebenfalls nicht unterschätzen darf: die kulturelle Prägung. Asiatischer Horror – speziell koreanischer – hat eine eigene Eleganz, eine eigene Härte. Die Geister hier schreien nicht, sie starren. Sie schleichen. Sie sind weniger spektakulär, dafür nachhaltiger unheimlich. Diese Mischung aus folkloristischen Schauergeschichten und psychologischem Horror wird hier hervorragend genutzt. Die leisen Flüstertöne in der Dunkelheit, die plötzlich auftauchenden Silhouetten, die fast schon respektvolle Ruhe vor dem Schrecken – das macht Gonjiam zu einem Paradebeispiel für den subtilen Grusel des asiatischen Kinos.

Was ich außerdem hervorheben möchte: der Respekt vor dem Zuschauer. Hier gibt es keinen Schnittgewitter-Wahnsinn, kein hysterisches Gekreische. Stattdessen: Stille. Dunkelheit. Und dann ein leises Geräusch, das einem die Nackenhaare aufstellt. Gonjiam versteht, dass Horror nicht aus Lautstärke kommt, sondern aus der Ahnung, dass etwas nicht stimmt. Wir haben hier tatsächlich einen -im besten Sinne- gruseligen Film. 

Am Ende bleibt Gonjiam: Haunted Asylum ein Film, der mich überrascht und überzeugt hat. Ein Film, der das Found-Footage-Genre ernst nimmt, der es nicht als Ausrede für Beliebigkeit nutzt, sondern als Werkzeug für echten Schrecken. Und er beweist, dass der subtile, atmosphärische Horror – vor allem aus Asien – immer noch Maßstäbe setzt.

Für alle, die sich vom Genre eigentlich verabschiedet hatten: gebt diesem Film eine Chance. Aber macht das Licht aus. Und passt auf, was hinter euch passiert.

Herzlichst Sebastian